4. Spieltag: Alemannia Aachen – Preußen Münster 4:2
Samstag, 24.09.2022 14:30 Uhr – Tivoli
Zuschauer: 9.900; Gäste: ca. 1.300
Aachen gegen Münster. Auch wenn es in jüngerer Vergangenheit kaum Berührungspunkte gab, hat das Spiel aufgrund der Historie immer noch eine schöne Würze. Zudem sind die Preußen aus Münster in dieser Saison die einzigen, die den Gästebereich unseres Tivolis angemessen ausfüllen können. Die sportliche Attraktivität des Gegners aufgrund der bisherigen Leistungen in dieser Liga bildet dann noch das Sahnehäubchen. Passend dazu hatten wir eine ca. 4.500€ teure Choreo über die gesamte Werner-Fuchs Tribüne im Gepäck. Es hätte also alles so schön werden können…
Doch leider kommen anscheinend ein paar Vögel mit ihrer gesellschaftlichen Irrelevanz nicht klar. Sie nahmen das Ahlen-Spiel zum Anlass, sich als vermeintlich dringend benötigte Wiederhersteller von Recht und Ordnung aufzuspielen und die Choreo zu verbieten. Ihr Spatzenhirn zwitscherte irgendwas von blockierten Fluchtwegen, durch Zaunfahnen überhängte Tore und natürlich dem Untergang des Abendlandes durch den Einsatz von Pyrotechnik. Für eine offizielle Begründung reichte dieser geistige Dünnschiss allerdings nicht. Gratis-Zigarillos, die am Spieltag im Stadionumlauf unters Volk gebracht wurden, setzten diesem Treiben die Krone auf. Zynismus in seiner reinsten Form! Und ganz im Sinne einer guten Zusammenarbeit wurde diese Entscheidung erst einen Tag vorher getroffen und uns am späten Morgen des Spieltags selbst mitgeteilt. Bei wem da nicht die Zündschnur flackert, der ist als kleines Kind in einen Kessel mit Valium gefallen.
Passend zu diesem ganzen Sicherheitswahn drehten die Bullen wohl schon die ganze Woche am Rad, trainierten am Tivoli Auseinandersetzungen und suchten am Morgen des Spieltags angeblich im Stadionumlauf fleißig nach Pyrotechnik. Selbstredend standen sie zusätzlich an den Eingängen hinter den Ordnern, um zu kontrollieren, dass diese ihren schlechtbezahlten Kampf für den Weltfrieden auch ernst genug nahmen. Bei der Alemannia ist Hausrecht ein Thema, das man den Funktionären am besten wöchentlich ins Stammhirn martern muss.
Als Antwort auf den ganzen Wahnsinn platzierten wir am Zaun ein Spruchband, das wir nach den am Freitag aufgekommenen Gerüchten über ein mögliches Choreoverbot vorsorglich noch in einer Nacht und Nebel Aktion angefertigt hatten: „Verbote bringen es nie – Gezündet wird sowieso – Fickt Euch ins Knie!“ Kurz vor Anpfiff hatte Robert Moonen daraufhin dann anscheinend das ganz dringende Bedürfnis, sich öffentlich lächerlich zu machen. Denn irritierenderweise fanden die Hüter von Recht und Ordnung keinen Gefallen an dieser lyrischen Perle deutscher Dichtkunst und ließen Onkel Robert stattdessen irgendwas von Spielabbruch faseln, wenn wir das Banner nicht abnehmen würden. Da der Spruch zu dem Zeitpunkt ohnehin vom Zaun sollte, ließen wir uns auf keine Kindereien ein und taten ihm den „Gefallen“. Leider schien unsere Großzügigkeit die Spaßvögel aber nur zu weiteren Schandtaten zu motivieren, wie sich Ende der Halbzeitpause zeigen sollte.
Anschließend packten wir eine alte Choreo als Blockfahne (an diesem Tag natürlich ebenfalls verboten) aus und die Werner-Fuchs Tribüne gab den Sicherheitspfeifen das, wonach sie anscheinend schon seit Tagen sehnlichst lechzten. Ordentlich gelber Rauch kombiniert mit ein paar Fackeln und Blinkern zog durch den Tivoli. War schön anzusehen, hätte aber ehrlicherweise auch besser aussehen können. Nachdem der Rauch sich verzogen hatte, zeigten wir noch die Spruchbänder: „Dies hätte auch eine Choreo sein können“ und „Danke für das Choreoverbot“. Aufgrund der knappen Zeit etwas schlecht lesbar, Botschaft sollte aber angekommen sein.
Danach wurde dann endlich Fußball gespielt. Sportlich konnte man unserer Mannschaft an diesem Tag nur eins vorwerfen: Dass sie das scheiß Bocholt-Spiel verloren hatten! Denn unsere Jungs zeigten an diesem Tag, dass Münster alles andere als unschlagbar ist. Auf unseren frühen Führungstreffer hatten sie zwar noch zwei Antworten parat. Doch Schwarz-Gelb zerstörte beinahe postwendend die aufgekeimten Befürchtungen, dass dies am Ende doch eine klare Nummer werden könnte. Und nach dem beachtlichen 2:2 zur Pause ging der Wahnsinn in Hälfte Zwei weiter: Nach 65 Minuten prangte an der Anzeigetafel ein fettes 4:2 und das sollte sich bis zum Abpfiff auch nicht mehr ändern. Mit den drei Punkten aus Bocholt hätten wir…. Egal, war eine geile Leistung und jetzt weiter so!
Die Stimmung tat es dem gelben Rauch gleich: War gut, hätte aber auch nicht zuletzt aufgrund des Spielverlaufs noch eine Ecke besser sein können. Mitmachquote und Lautstärke im unteren Bereich der Tribüne waren dabei überwiegend ordentlich, leider konnten wir aber zu selten die ganze Tribüne mitnehmen, sodass es zu wenig schepperte.
Vielleicht Jammern auf hohem Niveau, aber nicht zuletzt die Spiele am Ende der letzten Saison haben gezeigt, was in dieser Tribüne steckt. Insgesamt aber eine gute Leistung, mit vielen emotionalen und auch immer wieder mit Fackeln untermalten Highlights.
Aufgrund einiger Zugverspätungen auf der Strecke von Münster nach Aachen verzögerte sich die Ankunft der Gäste und das Spiel wurde um eine halbe Stunde nach hinten verschoben. In Übach-Palenberg wurde den Gästen zudem die besondere Ehre zuteil, von unseren Hools persönlich begrüßt zu werden. Im Block angekommen positionierten sie sich relativ mittig im Block, den unteren Teil legten sie dabei mit schwarzen, weißen und grünen Stoffbahnen aus. Keine schlechte Idee. Die Entscheidung von Fede Nerblo, sich um das Mundloch herum zu positionieren, darf hingegen durchaus als interessant gewertet werden. Die Gruppe Fede Nerblo ist die vierte Ultragruppe in Münster seit 2002, dessen aktive Fanszene eine recht abwechslungsreiche Geschichte hat. 2018 lösten sich die beiden damaligen Gruppen Deviants und Gruppo Resistente, nach der Ausgliederung des Vereins in eine Kapitalgesellschaft, auf. Grund dieser Ausgliederung war die Öffnung für Investoren und damit dem Verkauf von Anteilen mit dem Ziel, der Klassiker, in die Bundesliga aufzusteigen. Ein Schritt, für den man den beiden Gruppen nicht genug Respekt zollen kann. Aber natürlich gibt es bei solch radikalen Schritten auch immer einen nicht geringen Rest, der bereit ist, die neusten Entwicklungen zu akzeptieren. Wenn sich Gruppen wie die Fede Nerblo aus solchen Strömungen entwickeln, hat das natürlich auch immer einen Beigeschmack. So verwundert die Haltung der Münsteraner Fanszene in Corona-Zeiten wenig. Münster scheint diese Entwicklung aber gut getan zu haben, ein solch geschlossenes Auftreten wie aktuell war in Münster schon länger nicht mehr zu beobachten.
In das Spiel startete Münster sehr ordentlich und konnte mit dem ersten Lied gut Rabatz machen. Anschließend drangen sie dann aber nur noch höchst selten zu unseren Ohren durch, sodass der erhoffte Schlagabtausch leider ausblieb. Optisch blieben sie aber das ganze Spiel hindurch stark. Gute Mitmachquote über die gesamte Breite des Blocks inklusive Bewegung und Fahneneinsatz.
In der Halbzeitpause hatte dann noch einmal Robert Moonen seinen Auftritt. Die Sicherheitsschergen im Hintergrund hatten eine eklatante Sicherheitslücke im Gästeblock ausgemacht und ließen Onkel Robert wieder mit der Spielabbruch-Keule wedeln. Münster reagierte angemessen und zeigte erst einmal ein wahrscheinlich für den Beginn des Spiels geplantes Intro, bestehend aus einer Blockfahne flankiert von Fackeln und grünem Rauch. Gutes Ding! Anschließend schickte Onkel Robert Aachens personifizierte Sicherheitsgarantie Knoblich, um uns alle vor dem sicheren Tod zu bewahren. Münster befestigte den Stoff nicht mehr an einem Plastikrohr, sondern hielt ihn an einer Seite in der Hand. Der zuvor unpassierbare Fluchtweg war wieder frei. Puh, Glück gehabt. Aachens Offizielle zeigten sich am gesamten Spieltag von ihrer besten Seite.
Nächste Woche geht es gegen Fortuna Köln mit dem nächsten Heimspiel weiter. Mal sehen, welche Sicherheitslücken bis dahin noch aufgedeckt werden können.
Die Bilder des Spieltags sind hier zu finden.